Mein Leben mit einem Hausmädchen

Wenn du nach Hause kommst, und dein Kind ist bei einer anderen Frau in der Trage. Für viele Frauen auf der Welt Alltag. Für mich zunächst gewöhnungsbedürftig.

So ein Hausmädchen hat echt Vorteile: es dauert ein paar Wochen, in denen ich das erste Mal wieder koche. Von Putzen ganz zu schweigen. Und geputzt wird hier jeden Tag. Das ist auch notwendig, da alle mit Straßenschuhen im Haus herumspazieren – Krabbelbaby hin oder her. Es versucht einfach jeder, ihm Gehen beizubringen, auch wenn seine Körperspannung es noch lang nicht möglich machen wird.  Zwei, an manchen Tagen sogar drei Mal muss ich seine Kleidung wechseln. Die Wäscheberge wachsen. Aber schließlich gibt es ein Hausmädchen, das auch davon einen Großteil übernimmt.

Sonya ist ein Herzstück. Sie kommt Montag Früh ins Haus, wo sie auch ihr eigenes Zimmer hat. Abends arbeitet sie bis maximal rund 19 Uhr. Erst Freitag gegen 16 Uhr fährt sie wieder nach Hause in einen entfernt gelegenen Stadtteil Limas. Am Wochende geht sie zur Schule, um ihren Abschluss zu machen. Sonya kommt aus der Andenregion und wohnt seit ein paar Jahren in der peruanischen Hauptstadt. Ein paar Jahre lang hat sie für eine Familie gearbeitet, wo sie neben dem Haushalt auch für die Kinder zuständig war. Irgendwann war das zuviel.

Sonyas Arbeitstag beginnt damit, dass sie den weißen Fließenboden in der Küche schrubbt. Der ist nämlich jeden Tag auf Neus innerhalb kürzester Zeit wieder dreckig. Sie macht einen frischen Fruchtsaft und holt Brot. Wir treffen uns meist in der Küche, wenn meine Kleinen bereits ihr Morgenfläschchen getrunken und etwas gespielt haben. Dann kommen wir zum Frühstücken in die Küche. Sonya hilft beim Zubereiten von Eierspeis & Co. Während die Familie frühstückt, macht Sonya die Betten und kehrt im oberen Stock zusammen. Sie sammelt die Schmutzwäsche ein sowie das Klopapier, das in Lateinamerika nicht im Abfluss landet sondern in einem Kübel daneben. Die Abflussrohre würden sonst verstopfen. Beim Zusammenkehren kommt jeden Tag ganz schön was zusammen, allein wegen der Abgase, die auch durch die Fenster hineindringen, die alle irgendwo einen Spalt haben.

Haushalt in Peru ist nochmal mehr Arbeit als zu Hause. Und der Anspruch an ein Mittagessen wie bei uns in früheren Zeiten: es gibt immer Suppe und Hauptspeise. Zum einen wäre es mir zu viel, das täglich für die gesamte Familie neben meinen Kindern zuzubereiten. Zum anderen ist es herrlich, dass jeden Tag ab 11:30 ein warmes Mittagessen fertig ist.

Die Wäsche ist ein anderes Thema. Wegen der hohen Luftfeuchtigkeit trocknet sie nicht wirklich. Alles kommt in den Trockner. Leider. Sonya legt die Kleidung zusammen, aber das muss ich anschließend immer noch einmal selbst machen, da die Art und Weise, wie sie das Gewand faltet äußerst unpraktisch ist zum Einordnen in den Kasten. Das Konzept von Ordnung ist einach ein komplett anderes. Das bemerke ich auch, wenn sie Spielzeug aufräumt.

Mit den Kindern ist Sonya großartig. Sie mag Kinder sichtlich und spielt entzückend mit ihnen. Mal auf Spanisch, dann Quechua. Als ich an einem Tag am späten Vormittag von einem Termin zurückkomme, treffe ich sie mit meinem 1-jährigen in der Trage vor der Haustür. Der Kleine war müde. Jetzt schläft er. Der Papa hat ihn oft in der Trage. Aber mein Kind in der Trage vor dem Bauch einer anderen Frau schlafen zu sehen, ist auf den ersten Blick echt komisch. Es irritiert mich. Ist das nicht meine Aufgabe? Bei meiner besten Freundin hat mich diese Nähe zwischen meinem Kind und ihr nicht so gestört. Obwohl, ein bisschen vielleicht doch. Die Intimität zwischen Eltern und Kind ist etwas einzigartiges. Dazu kommen gesellschaftliche Rollenbilder, die tief in mir drin stecken. Die sind in Peru anders. Frauen gehen nach zwei oder drei Monaten wieder arbeiten. Die Kinder bleiben bei einem Haus- oder Kindermädchen. Ganz normal. Normal ist für Sonya auch der Kontakt zu meinen Kindern. Sie ist so freundlich und aufmerksam, dass ich das gut annehmen kann. Bei anderen Frauen hier würde ich mir schwer tun.

Im Lauf unserer Zeit in Peru gewöhne ich mich sehr daran, dass jemand anderer für den Haushalt zuständig ist. Auch wenn mein Partner und ich uns das Putzen und die Hausarbeit gut untereinander aufteilen: einmal die Woche oder zumindest einmal alle zwei Wochen könnte ruhig jemand zu uns putzen kommen. Ich glaube, dass eine Haushaltskraft vielen Familien bei uns entlasten könnte, freilich müssten sie besser bezahlt werden als in Peru – auch wenn Sonya von meiner Schwiegermutter mehr als den offiziellen Mindestlohn bekommt. Und sie wird gut behandelt, was in Peru nicht selbstverständlich ist. Die wenigen Gelegenheiten bei denen ich koche oder dann auch backe macht es mir dann jedenfalls echt Spaß! Die helfenden Hände und vielen liebevollen Bezugspersonen gehen mir nach unserer Rückkehr am meisten ab.

You may also like

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert