Viva España

Unser erster Urlaub als Patchwork-Familie mit Baby in Madrid und Galicien – mit Flug, Zug und Mietauto.

Wie wird wohl ein dreistündiger Flug mit einem bewegungsfreudigen Krabbelbaby? Wie wird der Kleine auf die andere Umgebung reagieren? Wie werden sechs Stunden Autofahrt? Und wie wird sich der 10-jährige mit der 8-jähirgen Cousine und dem 12-jährigen Cousin verstehen, mit denen er Spanisch sprechen muss? Wie wird das mit dem Essen in Spanien (Stichwort: Weißbrot und Kekse) für den 11 Monate alten Wutzibutz?

Viele offene Fragen schweben wie eine Wolke über meinem Kopf, denen ich versuche, mit einer großen Portion Gelassenheit zu begegnen.

Das Gepäck

Gelassenheit ist bereits beim Thema „Packen“ gefordert. Theoretisch dürfen wir Gepäck für vier Passagiere einchecken, aber tragen soll das ganze ja auch jemand. Und ins Auto muss es passen, inklusive Kinderwagen! Am Ende geben wir eine große Tasche mit Rollen ab und einen 95 Liter Rucksack, sowie die Babyschale, die wir für die Autofahrten brauchen. In der großen Tasche befinden sich auch ein Tragerucksack und ein zusammenfaltbarer Babysessel zum einhängen am Tisch. Ebenso: vier Packungen Öko-Windeln von Naty. Die passen doch noch locker rein. Gedanklich hatte ich mich schon davon verabschiedet und auf konventionelle Windeln eingestellt. Am Ende geht es doch, was mich zugegebenermaßen sehr zufriedenstellt als Alternative zu den Stoffwindeln, die wir sonst (in Kombination mit Naty in der Nacht) verwenden.

Zwei Rucksäcke und eine Laptoptasche (ich verschaffe es einfach nicht, ohne zu verreisen!) sind das Handgepäck. Baby schläft seine erste Runde im Auto am Weg zum Flughafen Wien. Am Flughafen geht alles locker. Die Babyschale und der riesige Rucksack kommen zum Sperrgepäck. Wir haben noch genügend Zeit, eine Kleinigkeit zu essen (im Flugzeug gibt’s ja nur sündteure Sandwiches), dann heißt es ab zur Sicherheitskontrolle. Wer mit Baby verreist, darf mehr Flüssigkeiten mitführen. Das wusste der Iberia-Mitarbeiter am Telefon auch nicht, der mir weißmachen wollte, man dürfe nur Milchpulver mitnehmen. „Auf der Webseite steht aber etwas anderes“, kläre ich ihn auf und sage ihm, wo die Informationen zum Reisen für Schwangere und mit Kleinkind zu finden sind. So teile ich fast einen Liter Ziegenmilch auf ein paar kleine Fläschchen auf. Ein 250 ml Päckchen Reismilch kommt auch noch mit – für Notfälle.

„Familien mit Kleinkindern werden gebeten, als erstes zu boarden“

Es ist lustig, nun zu den „Familien mit Kleinkindern“ zu gehören, die als erstes aufgefordert werden, das Flugzeug zu boarden. So können wir alles in Ruhe verstauen. Wutzibutz tobt sich noch auf den Sitzen aus, bevor ich ihn auf den Schoß nehmen und uns anschnallen muss. Seinem kurzen Schrei-Protest wird mit Stillen Einhalt geboten. Konzentriert nuckelt er und schläft gleich einmal ein. Kein Geschrei. Nichts. Das war der beste Tip der Hebamme: bei Start und Landung sollten die kleinen an irgendetwas Nuckeln, dann haben sie kein Problem mit dem Druckausgleich. Immer wieder gibt es Situationen, in denen ich mich innerlich vor der Hebammen-Weisheit verbeuge und mich bedanke! Der Kleine schläft eineinhalb Stunden in meinen Armen; d.h. wir haben schon fast die gesamte Flugzeit nach Madrid geschafft! Yes! Als ich ihn für die Landung wieder auf meinen Schoß setze, wird kurz und heftig protestiert, aber auch hier geht es mit Schnuller-Nuckeln besser als erhofft. Es ist eben doch aufregend, was um ihn herum passiert, auch wenn er sich nicht bewegen darf. Und Hoppareiter-Spielen geht zur Not auch irgendwie angeschnallt.

Madrid mit Baby

Wir verbringen zwei Nächte bei dem Cousin meines Freundes, der in einem ruhigen Außenbezirk von Madrid wohnt. Der Wohnkomplex hat sogar einen Swimming-Pool – ein super Zeitvertreib für den Nachmittag. Am nächsten Tag beschließen wir, ein bisschen ins Zentrum zu fahren, ohne Plan, was wir eigentlich machen wollen. Davon kann ich mit Kindern nun abraten! Irgendein Ziel braucht es – vor allem ein gemeinsames! So landen wir mit dem Bus an der Station „Moncloa“. Anstatt mit der U-Bahn ein Ziel im Zentrum auszusuchen, gehen wir eine stark befahrene Straße entlang zur Plaza España. Bis wir da ankommen, haben mein Freund und sein Großer schon wieder Hunger. Ich suche eigentlich gern Orte abseits der Touristen-Fallen; zumindest sollte es etwas sein, wo – wenn schon touristisch – auch die Qualität stimmt. Ich habe davon gelesen, dass es am Mercado San Miguel so gute Tapas geben soll. Allerdings ist der Große schon unterzuckert, der Papa auch, am Markt ist es eng und zugegeben nicht optimal mit Kinderwagen; also wird es eine Touristenfalle unweit der Plaza Mayor. Nach einem Sandwich mit gatschigen Calamari und einem mit Eierspeis und Kartoffeln, die vorgeben, eine Tortilla zu sein, haben wir wieder mehr Energie! Allerdings wird Wutzibutzi unruhig und muss bald schlafen. Im Tragetuch am Rücken wird es nichts, also trotz anfänglicher Proteste ab in den Kinderwagen. Nach 15 Minuten entschlummert er sanft und wir können überlegen, wie es weitergeht. Es ist fast 14 Uhr. Die Sonne brennt, die Luft steht. Und wirklich gegessen haben wir auch noch nicht. Mit dem Cousin hatten wir ein gemeinsames Mittagessen vereinbart und treffen ihn und seine zwei Kinder ein paar Straßen weiter in einem Wok-Schnellimbiss. Auch nicht wirklich das, wie ich mir unser erstes Mittagessen in Spanien vorstelle, aber ich lerne als Mutter immer mehr, einfach mitzulaufen und nicht immer meinen Willen durchzusetzen – ich glaube, man nennt das auch Flexibilität.

Wenigstens schläft Wutzibutz fast zwei Stunden. Die anderen fahren schließlich mit dem Auto nach Hause und nehmen den Großen mit; d.h. mein Freund und ich können noch ein bisschen mit Baby herumschlendern und haben etwas Zeit für uns – sofern man mit Baby davon sprechen kann.

Die Zugfahrt

Am nächsten Tag geht es mit dem Zug weiter nach La Coruña. Einen Teil des Gepäcks nimmt der Cousin für uns im Auto mit. So können wir relativ bequem umsteigen. Baby schläft im Zug bald ein und schlummert ganze drei Stunden in seiner Babyschale! Für den großen ist die Zugfahrt eher öd, aber eine willkommene Gelegenheit, um auf seinem Handy spielen zu dürfen. Dazwischen wird allerdings auch gelesen und der Film am Bildschirm im Waggon angesehen. Und ich? Schlafen? Geht nicht. Mit der Babyschale zu  Füßen und dem Aufpass-Syndrom kann ich nicht einschlafen. So bearbeite ich ein paar Fotos am Computer, die schon lange in einem Ordner liegen, und blicke aus dem Fenster. Drei Stunden können schnell vergehen. Das Umsteigen in Ourense ist auch ein willkommener Zeitvertreib. Um kurz nach 19 Uhr erreichen wir La Coruña.

Reservierungsfehler! Kuscheln aus Notwendigkeit

Baby ist bereits auf spanischer Zeit, d.h. er schläft am Morgen länger, hält am Nachmittag zur größten Hitze seine Siesta und schläft erst um 22 Uhr oder später ein. Das wäre ja alles perfekt, wenn nur das Zimmer auch tatsächlich für uns reserviert wäre, wie es mir von der Internet-Plattform mitgeteilt wurde. Das Hotel hat allerdings keine Reservierung bekommen. Frei ist nur ein kleines Zimmer mit einem schmalen Doppelbett. Die freundliche Mitarbeiterin probiert es noch in zwei anderen Hotels – nichts. La Coruña ist im Juli so gut wie ausgebucht. Es bleibt uns nichts anderes, als uns zu viert mit dem schmalen Doppelbett zu begnügen. Baby, der Große und ich schlafen im Bett, der Papa am Boden. Extra-Matratzen gibt es keine. Wir suchen noch ein Restaurant in der Nähe zum Abendessen und finden beim Vorbeigehen im Supermarkt zu meiner großen Freunde biologische Ziegenmilch! Hurra! Die Reise ist gerettet! Baby trinkt nämlich normalerweise sehr viel mit Wasser verdünnte Ziegenmilch, und die ist auch sehr nahrhaft.

Baby schläft bereits im Kinderwagen ein. Wir drehen nach dem Essen noch eine kleine Runde am Strand, dann quetschen wir uns in das kleine Zimmer. Die Nachtruhe ist nicht gerade entspannend. Der Große hat nämlich ausladende Bewegungen in Richtung Baby, der in der Mitte schläft. Und Baby wiederum wetzt und bewegt sich nächtens so viel, dass seine Füße immer wieder in einem unserer Gesichter landen. Am Rand kann ich ihn nicht schlafen lassen, da ich befürchte, dass er auf den Boden fällt. Ich passe auf, dass Baby und der Große sich in der Nacht nicht zu sehr stören. Zu allem Überfluss gibt es auch noch laute Zimmernachbarn, die irgendwann zwischen 4 und 6 lachend und diskutierend vor dem Gangfenster auf und ab gehen. Aber irgendwann geht auch diese Nacht vorbei…

Das Mietauto

Nach einem kleinen Frühstück fahre ich mit dem Taxi zum Flughafen, um das Mietauto abzuholen. Die drei Männer toben sich in der Zwischenzeit noch im Zimmer aus: Baby darf krabbeln, der Große fernsehen. Den reservierten Kindersitz nehme ich doch nicht, da wir ja kurzentschlossen die eigene Babyschale dabeihaben, dafür ein Navi – ich habe zu dem Zeitpunkt noch nicht kapiert, dass ich ohne weiteres meine Kartenfunktion am Smartphone benutzen kann, wo es innerhalb der EU ja keine Roaming-Gebühren mehr gibt. So ärgere ich mich noch zwei Tage über das nicht aktualisiete GPS, auf dem weder die Autobahn vom Flughafen zum Hotel drinnen ist, noch die Straße, die uns aus der Stadt hinausführt. Auch die Adresse unserer Unterkunft in Cedeira findet das Navi nicht. Als ich es eine Woche später zurückgebe, muss ich zum Glück nicht dafür zahlen.

Erinnerungen und neue Ideen

Dafür kommen wir auf unserer Fahrt aus der Stadt hinaus an ein paar mir von einer Reise 2010 bekannten Punkten vorbei. Damals bin ich den mit 72 km kürzesten Jakobsweg von La Coruña nach Santiago de Compostela gegangen (Camino Inglés). Da er weniger als 100 km lang ist, bekommt man dafür keine Urkunde. Die 72 km haben wir damals in 2 Tagen zurückgelegt. Ich war fertig! Die Erinnerungen bringen mich zum schmunzeln. Mit dem Auto überqueren wir einen Fluss, an dessen Promenade damals die erste Esspause eingelegt wurde. Die Eukalyptus-Wälder, die wir während der einstündigen Autofahrt immer wieder passieren, erinnern mich an das kurze schattige Waldstück, das wir damals durchquerten. Der weiche Waldboden war eine angenehme Abwechslung zu den größtenteils asphaltierten Streckenabschnitten, die meine Fußsohlen zum Brennen brachten.

Meine Gedanken schweifen ab… Könnte ich nächstes Jahr vielleicht mit meinem Kleinen pilgern? Mit der Kraxn und Minimalgepäck könnte das doch möglich sein? Ich muss ja nicht nach Santiago de Compostela. Mariazell tut es auch. Oder einfach in Österreich wieder ein paar Tage gehen – eben mit Kind. Aber die Windeln? Vielleicht mit einer lieben Freundin und wir teilen das Gepäck auf? Ich sehe mich schon mit Wutzibutz am Rücken auf den schönsten Wanderwegen Österreichs, das Sonnenlicht bricht durch die Blätterdächer des Waldes,… wer weiß, was noch kommt. Jetzt sind wir jedenfalls in Spanien, genauer gesagt in Galicien, am Weg nach Cedeira.

Cedeira

Die kleine Hafenstadt liegt in einer geschützten Bucht und zählt 7000 Einwohner. Die Uferstraßen am Strand und entlang des Flussbetts, das bei Ebbe fast völlig versiegt, sind von Häusern mit den typischen verglasten Veranden gesäumt. Das Wetter am Ankunftstag ist alles andere als freundlich: grau, verhangen, Nieselregen. Es erinnert mich an das typische Salzkammergutwetter, mit dem Duft von Meer und einer wärmeren Brise dazu.

Die Supermärkte haben in Galicien großteils am Sonntag geschlossen. Wir sind schlecht vorbereitet und haben überhaupt keine Lebensmittel mitgenommen. Also räumen wir nur rasch das Auto aus, ohne unser Häuschen näher zu erkunden, und machen uns auf die Suche nach Essen. Das Wetter und die daraus resultierende Laune meines sonnensüchtigen Freundes machen derartige Situationen eher spannungsgeladen. Dazu noch ein hungriger und ungeduldiger 10-jähriger und ein müdes und hungriges Baby. Zum Glück finden wir eine familienfreundliche Pizzeria im Ortszentrum. Ein ganzer Stapel an Kinderstühlen steht hier in einer Ecke. Allein hätte ich ein anderes Restaurant bevorzugt, aber in dieser Konstellation haben wir eben andere Prioritäten. Außer uns sind noch zwei Familien da. Baby kann am Pizzarand kauen und Essen rund um seinen Stuhl fallen lassen, der Große kann wie immer laut sprechen. Und auch der Abend ist mit Pizza gerettet. Zum Glück lege ich hier mittlerweile Gelassenheit an den Tag, die zum körperlichen und geistigen Wohlbefinden und der Entwicklung der Kinder neben der richtigen Ernährung zweifellos auch ein wichtiger Bestandteil ist. Und zum Glück stille ich meinen Kleinen noch!

Hang Loose im Patchwork-Family-Stil

Am Morgen mache ich mich um 8 Uhr auf den Weg, um Frühstück zu besorgen. Um halb 10 müssen der Große und ich los zum Surfkurs, den wir diese Woche gemeinsam machen wollen. Die Supermärkte und auch der kleine Händler zwei Straßen weiter sperren jedoch alle erst um 9 Uhr auf! Das ist Spanien. Die Uhren ticken anders als daheim. Dafür ist Abends bis 22 Uhr geöffnet. Ein schnelles Frühstück geht sich trotzdem noch aus, dann fahren wir los. Baby bleibt in der Zwischenzeit mit seinem Papa zu Hause. Der Cousin muss jeden Vormittag ein bisschen arbeiten. Seine beiden Kids wollen nicht mit zum Surfkurs sondern die Woche lieber entspannen; d.h. Computer spielen und Videos ansehen. Ich bin froh, dass der Große mit mir kommt. Wir machen den Kurs sogar zusammen in derselben Gruppe, obwohl sich ein Teil von mir innerlich dagegen sträubt. Ich will nicht die ganze Zeit Händchen halten. Er soll ruhig mit anderen Kindern zusammen sein und Kontakte knüpfen. Allerdings bereitet ihm genau das immer wieder Schwierigkeiten. Und dann noch auf Spanisch. Er bittet mich, mit ihm in einer Gruppe zu sein, um ihm zu übersetzen, wenn er etwas nicht versteht. Ich überwinde meinen inneren Schweinehund und mache mit. Den Widerstand schiebe ich zur Seite.

Und siehe da: es wird eine gute Woche; Zeit, die unserer Beziehung guttut. Am Surfbrett steht jeder von uns sowieso allein. Nach ein paar Tagen hat er langsam wieder mehr Selbstvertrauen in sein spanisches Sprachverständnis gesammelt und unterhält sich mit der Lehrerin. Ich genieße die körperliche Herausforderung und bin insgesamt positiv überrascht, wie gut es geht. Vor 15 Jahren habe ich in Holland einen Tag surfen probiert. Keine Chance! Das Aufstehen am Board war eine Bewegung, die meinem Körper einfach nicht gelingen wollte. Ich schreibe es meiner Yogapraxis zu, dass das nun leichter geht. Auch in meiner Mitte fühle ich mich stabil, nachdem jetzt etwas weniger als ein Jahr seit der Geburt meines Wutzibutz vergangen ist.
Immer wieder schaue ich, wie es dem Großen geht, winke ihm zu. Er winkt strahlend zurück und genießt es sichtlich. Am Ende kommt er mit mir sogar alle 5 Tage zum Kurs, obwohl er anfangs nur 3 Tage machen wollte. Die 20 Minuten Autofahrt hin zum Kurs und zurück sind wir allein im Auto und unterhalten uns. Ich bin im vergangenen Jahr in der Beziehung zu ihm sehr gewachsen, gerade rechtzeitig, denn jetzt beginnt eine Phase, in der er noch mehr fordert und herausfordert. Grenzen testet. Ausprobiert, welche Aktionen zu welchen Reaktionen führen. Ich muss mich immer wieder daran erinnern, dass er ein Kind ist. Ein Kind das sich und die Welt kennenlernt. Ich bin einer seiner Orientierungspunkte. Gleichzeitig auch immer wieder ein gewisser Störfaktor in seiner idealen Welt, in der seine Mama und Papa zusammensein sollten – auch wenn ich erst Jahre nach der Trennung in sein Leben gekommen bin.

Die Vormittage in diesem Urlaub gehören unserer „Bonus-Mutter-Sohn-Beziehung“. Interessanterweise fordert er mich in der Zeit danach noch mehr heraus, was vielleicht auch zeigt, dass er sein Vertrauen zu mir ausgebaut hat. In schwierigen Situationen frage ich mich immer wieder, wie ich reagieren würde, wenn es um meinen Kleinen ginge. Allein dieser Gedanke beseitigt Widerstände in mir und macht mich sanfter. Es ist ein bewusstes Mit-mir-Arbeiten. Viel Geduld. Toleranz. Empathie.

Ich kann dem Großen nie die „gleiche“ Zuneigung entgegenbringen, wie meinem Kleinen. Der Große hat dafür ja auch seine eigene Mama. Wenn er die aber längere Zeit nicht sieht, wie in unserem gemeinsamen Urlaub, wenn sich die 2-Wochen Marke nähert, dann steigt die Spannung. Ich habe mir mittlerweile hierfür Hilfe geholt, da ich mich mit meinen eigenen Gefühlen, die in diesen Situationen hochkommen, auseinandersetzen möchte. Ich glaube, dass das wichtig ist für ein gesundes Miteinander. Jeder trägt seinen Rucksack durchs Leben, sieht Dinge bedingt durch die eigenen Erfahrungen durch einen Filter. Ein Psychologe o.ä. kann mir helfen, den Überblick nicht zu verlieren und den Zugang zu meinem Mitgefühl immer wieder aufs Neue zu finden. Er gibt mir auch Anstöße dafür, wie ich mich in bestimmten Situationen verhalten kann oder sollte.

So brauche ich dem Großen gegenüber kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn ich mein Baby knuddle und liebhabe. Ich kann ihm nicht die gleiche Art von Liebe schenken. Das fühlt sich, wenn er danebensitzt, auf die Dauer trotzdem irgendwie nicht richtig an. Es ist nicht fair! Weniger knuddeln kann ich den kleinen Wutzibutz deswegen aber auch nicht! Ich versuche, immer die Tür emotional offen zu halten, darf aber auch mal lauter werden ohne Angst zu haben, in die Rolle der bösen Stiefmutter zu schlüpfen.

Beach-Baby

Wutzibutz ist gerade noch nicht ein Jahr alt. Langsam wird er bewusster. Er genießt es sichtlich, ständig drei größere Kinder um sich zu haben. Manchmal sitzt er da und beobachtet, was die Großen manchen. Dann juchzt er und krabbelt los. Vor allem am Strand ist es einfach entzückend, ihm dabei zuzusehen. Wir haben ja die Kraxn (Rucksacktrage) mit – ein Geschenk des Opis. Die ist für Spaziergänge zum und am Strand einfach perfekt! Sie bietet dem Wutzibutz optimale Aussicht, was er im Kinderwagen nicht hätte, ganz zu schweigen, dass es unmöglich wäre, den Wagen im Sand herumzuschieben.

Die Strände um Cedeira herum sind mit Mittelmeer-Stränden nicht zu vergleichen. Das Wasser ist kalt, die Gezeiten deutlich spürbar. Das macht dem Kleinen nichts, im Gegenteil. Er hat einen Riesenspaß mit seinem Lieblingselement Wasser und dem feinen Sand. Er kapiert rasch, dass Sand einfach nicht schmeckt und es nichts bringt, den in den Mund zu stecken. Wie ein Irrer krabbelt er im Kreis, bohrt mit den Fingern Löcher und inspiziert Muscheln. Die steckt er allerdings schon gern in den Mund.

Der Strand von Vilarrube bietet sich sowohl Surfern als auch Familien an. Die Surfer sind weit draußen, die wenigen Familien am Ufer, das an ein Naturreservat grenzt. Bei Ebbe bildet sich gleich da, wo wir sitzen, ein kleines Wasserbecken, ideal für den Wutzibutz zum Krabbeln. Zwei Stunden planscht er in dem Wasser, während sein Papa mit mindestens ebenso großer Begeisterung einen Damm baut. Vater und Sohn jeden Vormittag allein zu lassen ist am Meer ein leichtes, da die Zeit hier schnell vergeht, auch wenn man dem Speed-Baby ganz schön hinterherlaufen muss und es anstrengend ist. Aber Strand ist Strand und Meer ist Meer. Das macht beide sichtlich glücklich und zufrieden. Und müde!

Die Unterkunft & Schlafsituation in diesem Urlaub

In der Entscheidung für den Urlaubsort war für mich in erster Linie ausschlaggebend, dass wir ans Meer fahren, und dass man Sport betreiben kann. Vorzugsweise eben surfen. Das wollte ich wie gesagt schon immer lernen und der Große ist dadurch körperlich gefordert. Er kann sich austoben. Das Meer liebt er sowieso. Zu guter Letzt wurde es Spanien, nicht Portugal oder Frankreich, da wir alle Spanisch sprechen. Mein Freund ist Peruaner und ich weiß, wie angenehm es für ihn ist, einige Zeit wieder in seinem Sprachumfeld zu sein. Der Cousin lebt in Madrid, also haben wir es mit Familienbesuch kombiniert.

Mit Surfen im Hinterkopf fand ich Online einige Häuser und Camps, die vermietet werden. Allerdings sind nicht alle für Babys oder Kleinkinder geeignet. Was von Deutschen betrieben wird, hat im Sommer oft nicht unbedingt Hauptsaison und ist nicht verfügbar. Daher sind meine Spanischkenntnisse bei der Suche ein Vorteil. Ich komme auf das „Surfhouse Cedeira“, lese positive Reviews und empfinde die Kommunikation mit der Besitzerin / Vermieterin als angenehm.

Das Haus liegt etwa 10 Gehminuten vom Strand und Zentrum entfernt an einer ruhigen Straße. Alles in Cedeira ist zu Fuß erreichbar. Für die Strände in der Umgebung wird allerdings ein Mietauto empfohlen, und wir sind froh, auf den Tipp gehört zu haben.

Im Haus sind zwei Wohnungen, eine ebenerdig, eine im 1. Stock. Ich hatte die ebenerdige angefragt – leichter mit Baby. Die obere bleibt frei; d.h. der gesamte Gemeinschaftsbereich im Wintergarten und der Garten gehören uns. Sonst würde es wahrscheinlich trotz der 3 Schlafzimmer und dem Wohn-Essbereich etwas eng. Im Wintergarten kann Baby krabbeln. Die Großen und Erwachsenen lümmeln auf den Sofas und in der Hängematte. Der Esstisch ist groß genug für alle. Der Babysessel wird am ersten Tag in den Tisch eingehängt und bleibt die ganze Woche.

In einem Schlafzimmer steht ein Stockbett. Die anderen beiden haben zwei Einzelbetten. Wir schieben die Betten in unserem Zimmer einfach zusammen. Leider bleibt ein Spalt in der Mitte; d.h. Wutzibutz schläft eher auf meiner Seite oder irgendwie quer über dem Spalt. Das ist okay, aber am Ende freue ich mich schon sehr auf das große Bett und die harte Matratze zu Hause! Ich nehme es jetzt einfach als Gelegenheit, intensiv mit meinem Baby zu kuscheln, bevor er mehr und mehr in seinem Gitterbett schlafen wird.

Bereits am zweiten Tag stellt Baby seinen Schlafrhythmus um. Er schläft abends zwischen 22 Uhr und 22:30 Uhr ein und wacht in der Früh um 8 Uhr auf. Am Vormittag schläft er wie immer eine halbe Stunde bis Stunde, am Nachmittag meist eine bis zwei Stunden. Die Entscheidung, den Kinderwagen mitzunehmen, erweist sich als goldrichtig. So schläft er doch entspannter als in einem Buggy, und wenn es in einem Restaurant einmal keinen Kinderstuhl gibt, dann kann er auch darin im Sitzen essen.

Stillen in Spanien

Eigentlich hatte ich damit gerechnet, um die 10 Monate herum mit dem Stillen aufzuhören, aber was weiß man schon vorher! Seit der Papa in Karenz ist und Baby mich weniger sieht, ist das Stillen zu diesem ganz besonderen Moment geworden, der nur meinem Kleinen und mir gehört. Sobald er mich am Nachmittag wiedersieht, will er an den Busen, und das ist ok. In Spanien wird es wieder mehr. Ich bin ja auch greifbarer. Sehr oft verlangt er nach dem Busen. In Spanien ist es nicht so einfach, hochwertige Nahrung für Zwischendurch zu bekommen. Ich habe zwar auch Hirseflocken und Reismilch dabei, aber er will nunmal immer das essen, was bei uns am Teller ist. Das sind leider viel Nudeln, Tortellini, Brot und dazwischen Kekse oder Cracker. Ich merke, dass wir uns in Österreich und Deutschland wirklich in einer glücklichen Lage befinden, was hochwertige Nahrungsmittel betrifft, nicht nur für Babys sondern allgemein. Im Süden sieht die Sache einfach noch anders aus. So bin ich froh, dass er über Stillen alle Nährstoffe bekommt, die er braucht.

Was ich nicht erwartet habe, ist die Offenheit, mit der Frauen in Spanien ihre Babys und Kleinkinder stillen. Selbst in einem guten Restaurant in Madrid packt eine Mutter am Nebentisch beim Mittagessen ihren Busen aus, ohne viel zu bedecken. Im Parque Retiro unterhalten wir uns mit der Mutter eines vier Wochen alten Babys, die ihr Kleines kurzerhand einfach im Stehen anlegt. Still-BHs oder Tops, die bedecken, was andere nicht sehen brauchen, werden offenbar nicht verwendet. Und am Strand in Galizien bekommt ein 2-jähriger seinen Nachmittagssnack, nachdem er mit unserem Wutzibutz ein bisschen im Wasser gespielt hat.

Erholung

Ich packe nur einmal im Zug meinen Computer aus um Fotos zu bearbeiten. Ich schaffe es nicht einmal, mir Abends irgendeinen Film oder eine Serie anzusehen. Wenn ich Baby ins Bett bringe – und das mache ich jeden Abend, da ich meinem Freund und seinem Großen die Möglichkeit für Zeit zusammen gönnen möchte – bin ich selbst schon so müde, dass ich oft gleich selbst liegen bleibe.Am Ende des Urlaubs speichere ich noch die Fotos meiner Kamera, das war’s aber auch schon. Nach den zwei Wochen bin ich erholt, wie es die Mutter eines bald 1-jährigen eben sein kann, und freue mich schon wieder richtig darauf, einige Stunden in der Woche zu arbeiten.

Zurück nach Madrid – Kein Taxi weit und breit!

Am Tag der Abreise aus Cedeira regnet es wieder. Im Großen und Ganzen haben wir in Galizien ganz gutes Wetter erwischt. Die Stunde Autofahrt zum Flughafen verläuft recht unspektakulär. Das nicht aktualisierte Navi kann ich zurückgeben ohne dafür zu bezahlen. Gracias! Jetzt brauchen wir nur mehr ein Taxi, das uns vom Flughafen zum Zug bringt. Weit und breit ist aber keins zu sehen, da gerade kein Flugzeug starten oder landen soll. Und es kommt auch keines, obwohl ich bei zwei unterschiedlichen Taxi-Firmen anrufe. Nichts! Um 14:40 geht unser Zug. Es ist bereits 14:10. Sch****! Die Spannung steigt – auch zwischen meinem Freund und mir. Aber da taucht am Kreisverkehr ein Auto mit der erhofften Aufschrift auf. Glück gehabt! Um 14:25 sind wir am Bahnhof. Diesmal schläft Wutzibutz nur knapp zwei Stunden, dann wechseln mein Freund und ich uns mit Herumtoben auf den Sitzen und Tragen durch die Waggons ab. Der Große liest in der Zwischenzeit und darf immer wieder am Handy spielen.

Stadtprogramm

Ich freue mich schon so sehr auf mein Bett zu Hause! Trotzdem ist es gut, noch ein bisschen in Madrid zu bleiben. Vor allem für meinen Freund, der viele Gespräche mit seinem Cousin führt. Es geht hauptsächlich um ein bisschen Familienzeit. Den Montag gehen wir zu zwei Outlet Malls. Zwei Tage „Kultur“ bzw. Zeit im Zentrum von Madrid zu verbringen ist mit Baby und dem 10-jährigen nicht nötig. In der Mall besorgen wir allerlei, was wir brauchen können, essen Eis, und mein Freund lässt sich nach vielen Jahren seine lange Haare abschneiden. Ich kenne ihn gar nicht mit Kurzhaarschnitt! Ein bisschen ist es so, als würde ich einen neuen Freund mit nach Hause bringen. Aber nur ein bisschen. Haare schneiden hat ja auch oft ein bisschen etwas mit Veränderungen im Leben zu tun, und so gibt ihm die neue Frisur Ansporn für neue Unternehmungen.

Wutzibutz bekommt vom Cousin meines Freundes, der ja auch sein Patenonkel ist, sein erstes Paar Nike-Schuhe geschenkt. Die sind ihm noch zu groß, aber da er ein kleiner Schuhfetischist ist, ziehe ich sie ihm zu Hause zum Spaß an. Ich kann mich vor Lachen kaum halten, als er mit mit den Schuhen durch die Wohnung krabbelt und etwas verwirrt immer wieder einen Fuß vorzieht. Was ist denn da an meinem Fuß? Geht das auch wieder weg?
Für Opi gibt es einen ganzen Schenkel Jamón Ibérico, den spanischen Schinken. Er wiegt fast 8 kg. Wutzibutz darf ihn aussuchen. Ich bin zwar skeptisch, ob uns mein Vater nicht für verrückt erklären wird, aber mein Freund besteht darauf. Dank Vakuum-Verpackung können wir ihn auch einfach ins Gepäck stopfen, ohne dass irgendwelche Gerüche oder Fettflüssigkeit freiwerden. Mit 22,8 kg ist die Tasche gerade noch im erlaubten Rahmen.

Die Kinder des Cousins sind mittlerweile bei ihrer Mama und fahren in den nächsten Urlaub nach Südspanien. Ich gehe mit Wutzibutz und dem Großen Eisessen und schlendere durch die gepflegte Anlage der Outlet-Mall im Freien. Vor allem jetzt, da die anderen Kinder auch bei ihrer Mama sind, kommen Heimweh und die Sehnsucht nach der eigenen Mama zum Vorschein.

Dann haben wir noch einen Tag fürs Zentrum. Der Cousin setzt uns am Weg ins Büro beim Parque Retiro ab. An dem Tag ist es in Madrid bedeckt, die Temperaturen niedriger als Daheim. So schlendern wir durch den Park und schließlich durch das Literatenviertel, was ich mir gewünscht habe.

Zukunftsmusik

Ein bisschen bringe ich auch meine Wünsche unter, allerdings nie mit dem Brecheisen sondern eben immer flexibel. Vor allem für das Surfen bin ich zutiefst dankbar. Nach Madrid kann ich ja wiederkommen – vielleicht einfach einmal ein langes Wochenende nur mit meinem Freund, wenn Baby älter ist? Oder allein mit einer Freundin? Die Gedanken schweifen wieder ab. Dabei bin ich dankbar und glücklich, wie der erste Patchwork-Familienurlaub gelaufen ist. Im Großen und Ganzen zur Zufriedenheit und Erholung aller. Mehr braucht es nicht!

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