Erledigungen = Mama erledigt

Mit meinem bald elf Monate alten Wutzibutz mal schnell ein paar Dinge erledigen, ist nicht. Ich versuche es trotzdem immer wieder – und scheitere kläglich.

Über 35 Jahre war ich es gewohnt, mit guter Einteilung, vielleicht auch öfters etwas gehetzt, eine To-Do Liste abzuarbeiten. Die Umstellung, dass das jetzt mit einem Baby nicht mehr möglich ist, dauert. Warum? Keine Ahnung. Am Samstag hab ich es wieder einmal versucht… und hatte am Ende so große Kopfschmerzen wie schon lange nicht mehr! So macht das Leben definitiv keinen Spaß. Also: ändern… Wenn das so einfach wäre! Aber erst Mal eine kleine Zusammenfassung meines Samstags:

Babys Papa ist ja in Karenz. Und Opi war diese Woche nach einer Operation im Krankenhaus. Ich besuche ihn täglich und sehe mein Baby diese Woche noch weniger. Daher gebe ich dem Papi am Samstag frei. Er darf Beachvolleyball spielen.

Die Autobatterie scheint kaputt zu sein, also fahre ich zum ÖAMTC und schlage ganz einfach – so stelle ich mir das zumindest vor – mehrere Fliegen mit einer Klappe: ÖAMTC Mitgliedschaft kann ich auch gleich abschließen, und einen Kindersitz aussuchen, denn die Babyschale ist schon fast zu klein. Eine Lampe und die Autobatterie scheinen auch kaputt zu sein…

Bis 14 Uhr hat der ÖAMTC am Wienerberg Samstags geöffnet. Ich bin um 11:30 da – und werde um 14:05 als letzter Kunde gehen. Der Mitarbeiter ist sehr freundlich. Baby wird bald müde, also möchte ich seine gute Laune nutzen und mit der Auswahl des Kindersitzes beginnen. Eine gute Entscheidung, so lang er gut drauf ist. Baby wird in alle drei meiner Favoriten hineingesetzt und angegurtet. Einer nach dem anderen. Ich brauche noch ein bisschen, um die endgültige Entscheidung zu treffen. Also mal schnell die volle Windel wechseln. Dann kann es weitergehen. Windelwechseln ist derzeit allerdings Hochleistungssport für die- oder denjenigen der wechselt: Baby mag sich nämlich nicht hinlegen. Also heißt es, entweder das ganze mit einer Hand zu machen, während ich Baby mit dem anderen Arm halte, oder einen Platz zu finden, wo er sich festhält und ich das im Stehen so schnell wie möglich erledige und aufpasse, dass er nicht umfällt.

Geschafft. Der Mitarbeiter klärt mich über die Unterschiede zwischen Pannenhilfe und Schutzbrief auf. An dieser Stelle sei angemerkt, dass ich einige Zeit kein Auto hatte, und das Zugfahren eigentlich viel schöner finde. Nun habe ich aber recht günstig dieses Auto bekommen und aus familiären Gründen zugeschlagen. Die Informationen über das ganze Schutzbrief-Paket nehme ich mit einigen Schwierigkeiten zu Kenntnis, da Baby immer müder wird und schon sehr herumraunzt. Ich beschließe, eine Runde spazieren zu gehen. Das Auto und den Schlüssel lasse ich da. In der Zwischenzeit überlege ich mir, ob Schutzbrief oder Pannenhilfe und lasse die Autobatterie prüfen. Die ist in der kurzen Zeit, seit mir das Auto gehört, schon zweimal leer geworden – so doof kann ich ja nicht sein und ständig das Licht oder andere Dinge eingeschalten lassen. Oder doch? In dem Fall hoffe ich auf meine Blödheit. Aus finanziellen Gründen versteht sich.

Baby kommt in den Kinderwagen und ab geht es die Straße runter, hinein in den Erholungspark. Baby schläft rasch ein. Ich genieße die halbe Stunde Ruhe, habe aber leider viel zu wenig zu trinken für mich mitgenommen. Die Sonne scheint warm vom Himmel. Meine Kopfschmerzen werden stärker. Leider muss ich zurück, obwohl Baby gerade richtig schön ins Traumland eingetaucht ist. Er könnte sicher ohne Probleme zwei Stunden schlafen. Ich hoffe einfach, dass es beim ÖAMTC nicht zu laut wird und er dort weiterschlafen kann…

Telefonläuten, die laute Stimme der Kollegin des freundlichen Mitarbeiters, Baby wacht auf – alles andere als ausgeschlafen. Also rausnehmen, Fläschchen geben, beruhigen, kuscheln. Während mein Auto gerade überprüft wird, unterschreibe ich die Unterlagen. Für den Kindersitz habe ich mich auch entschieden. Es wird er Maxi Cosi Tobi. Allerdings in blau. Den muss der Mitarbeiter erst holen. Als er zurückkommt, teilt er mir mit, dass die Autobatterie kaputt ist. Also her mit der neuen. Weg sind über 150 Euro. Eine Träne schießt mir ins Auge. Ist halt nicht gerade wenig Geld. Während der Mechaniker am Auto herumwerkt, zeigt mir der Mitarbeiter, wie der Kindersitz eingebaut wird. Ich versuche, mich zu konzentrieren, merke aber, dass ich bereits am Ende meiner Kräfte bin, mit dem unausgeschlafenen Baby am Arm. Der Mechaniker werkt weiter, während wir nochmal hineingehen, damit ich die Kreditkarte zücken kann.

Ob ich das Auto hier am Parkplatz stehen lassen darf, während ich mit Baby eine Runde spazieren gehe? Leider nein, der Schranken geht zu, wenn sie sperren. Nein! Also Kinderwagen ins Auto, müdes Baby in den Kindersitz und einen Parkplatz in der Nähe suchen. Am anderen Ende des Parks findet sich auch ohne weiteres einer, gleich neben einem Hofer. Das ist strategisch günstig, um nach dem Nachmittagsschlaf die Einkäufe zu machen, die ich meiner Mutter versprochen habe zu erledigen.

Kinderwagen aus dem Auto, Baby raus aus dem Sitz, hinein in den Kinderwagen, und… nichts da! Beim Verdeck des Wagerls hat sich die Mutter einer Schraube gelöst. SCH*****!!! „Ich kann nicht mehr!“, rufe ich. Das ist der Welt um mich herum ziemlich egal. Meinem Baby auch. Verdutzt guckt er mich an. Mit dem Sonnensegel kann ich das Verdeck halbwegs fixieren, dass es auf einem nur leicht rumelndem Spazierweg nicht ständig nach hinten kippt. In weniger als fünf Minuten ist Baby wieder eingeschlafen. Die Flasche gespritzter Apfelsaft, die ich noch schnell aus dem Getränkeautomaten beim ÖAMTC mitgenommen habe, ist schnell leer. Ich sitze im Schatten und wünsche mir… Hilfe. Wofür eigentlich? Für diese vielen Kleinigkeiten, die allein mit einem Baby zu erledigen einfach völlig unmenschlich ist! Ich wiederhole mich in meinem Blog: um ein Kind großzuziehen,  braucht es ein ganzes Dorf! Es wäre vielleicht auch einfacher, wenn ich mein Soll etwas hinunterschraube. Das versuche ich, aber wir leben nun Mal in einer Gesellschaft, in der ich auch mitmachen möchte. Wäre ich „nur“ für mein Baby da, wäre es mehr als genug. Aber mit den anderen Anforderungen, die ich neben meinem Muttersein an mich stelle und die gefühlt an mich gestellt werden (von wem eigentlich? Achja, von der „Gesellschaft) ist es einfach alles gleich einmal zu viel! Mutter, Vater, Kind – eine verrückte Konstruktion!

Ich sitze auf einer Bank im Schatten und telefoniere mit einer Freundin, die keine Kinder hat. Ich atme durch. Das Telefonat gibt mir Kraft. Auch Menschen, die keine Kinder haben, können in Situationen wie dieser hier, die richtigen Worte finden. Ich fühle mich etwas besser.

Baby schläft über eine Stunde. Als er aufwacht, gehen wir noch zum Hofer hinüber. Als erstes schnappe ich eine Packung Bio-Haferkekse mit Schokolade und esse gleichmal die Hälfte, während ich die anderen Dinge auf der Einkaufsliste zusammensuche. Wir haben noch eine halbe Stunde Zeit, bis wir den Papa treffen, doch fahren wir schon früher los. Jetzt will ich nicht noch schnell was anderes erledigen. Vielleicht gibt es doch Hoffnung für mich und meine ständige To-Do Liste.

Dafür probieren wir den neuen Kindersitz aus. Mein Baby am Rücksitz, wie ungewohnt! Die Babyschale lasse ich zur Sicherheit noch am Beifahrersitz. Wer weiß, ob wir die nicht doch noch einmal brauchen! Der Kindersitz gefällt ihm. Er sitzt recht hoch oben und hat gute Sicht aus dem Seitenfenster. Die ca. 20 Minuten Autofahrt bis zum vereinbarten Treffpunkt mit Papi funktionieren erst Mal ganz gut! Ich darf mich nur nicht zu oft nach hinten drehen – eine Herausforderung, weil er doch so süß ist! Während wir auf Papi warten, lasse ich Baby jetzt einfach auf seinem Sitz und am Rücksitz herumtoben. Was für mich nicht nach großem Highlight aussieht, ist neu und aufregend für den kleinen Wutzibutz.

Ich bin müde. Sehr müde. Endlich kommt Papi. Wir hatten vereinbart, dass er vielleicht auch noch am Abend ausgeht. Aber er sieht mir meine Erschöpfung an und sagt, er kommt mit nach Hause und hilft mir mit Abendessen, Windeln auswaschen, Aufräumen und ins Bett bringen. Danke! Danke, mi Amor! Zu Hause schlafe schlafe ich völlig erledigt aber dankbar für meine Familie und das Verständnis, das mein Freund mir an diesem Tag für meinen Erschöpfungszustand entgegenbringt (eine Auswirkung der Väterkarenz?) mit meinem Baby im Arm ein.

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