In der U-Bahn

Noch bin ich im Umbinden des Tragetuchs nicht sonderlich geschickt. Mein noch nicht einmal zwei Wochen altes Baby im Kinderwagen „abzulegen“ ist aber auch nicht gerade verlockend. Übung macht angeblich den Meister.

Die satten Regenbogenfarben und der dicke Stoff des Tragetuchs kommen mir bei den sommerlichen Temperaturen etwas heiß vor, aber andere binden auch, also werde ich das irgendwie schaffen. Von den vielen verschiedenen Bindemöglichkeiten,  kommt für mich derzeit nur die „Wiege“ in Frage, bei der mein Baby vorne quer leicht unterhalb der Brust im Tuch liegt. Besonders stabil scheint es mir nicht, also muss ich den Kleinen immer mit den Händen stützen. Den Knoten habe ich etwas ungeschickt am Rücken platziert, daher drückt er beim Sitzen in der U-Bahn etwas unangenehm. Fürs nächste Mal weiß ich, worauf ich achten muss.

Es ist schön, mein Baby beim Untwegssein atmen zu spüren – und zu hören. Der Kleine macht beim Schlafen ständig schnarch-ähnliche Geräusche. Durch die eingerollte Haltung verschließt sich sein Kehlkopf, erklärt mir die Hebamme später. Er singt richtiggehend beim Ausatmen.

Wir unternehmen diese erste U-Bahnfahrt, um Babys 9-jährigen Halbbruder vom Hort abzuholen – zum Glück gemeinsam mit Papa.

Die Überraschung ist gelungen! Und doch ist dieser erste „Ausflug“ wieder eine Herausforderung. Am Weg von der U-Bahn Station zum Hort weiß ich nicht, auf welcher Straßenseite ich gehen soll. Im Schatten bläst der Wind kühle Luft vorbei, und ich habe Angst, dass Babys Ohren nicht genug geschützt sind. In der Sonne hingegen ist es so heiß.

Ein bisschen dumm komme ich mir vor, dass ich den Ausflug als derartig große Herausforderung empfinde. Ich rede mir selbst gut zu. „Es ist gerade erst zwei Wochen her, dass mein Baby auf die Welt gekommen ist. Zwei Wochen! Ich bin noch mitten im Wochenbett. Alles ist neu! Ich befinde mich in einem emotionalen (und körperlichen, hormonollen) Ausnahmezustand.“ Woher es kommt, dass ich so streng mit mir bin? Tief in mir weiß ich, dass es wichtig ist, in dieser Kennenlernphase sanft mit mir und meinem Baby umzugehen. Eine andere Stimme in mir verlangt, dass ich „funktioniere“ und robuster bin. Ich möchte auf erstere höhren, und werde wohl auch in Zukunft immer wieder von letzterer auf die Probe gestellt. Wenn es mir jedoch gelingt, auf die innere Stimme zu hören und mich nicht daran zu orientieren, wie „gesellschaftsfähig“ andere Mütter da draußen sind, finde ich den Weg, der für mein Baby, für mich und für unsere Familie der richtige ist.

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