Überfüllte Aufzüge

Heutzutage gibt es zwar an jeder Wiener U-Bahnstation einen Aufzug. Allerdings muss ich mich erst daran gewöhnen, locker 10 Minuten mehr Fahrzeit einzurechnen. Und daran, dass der Vorrang für Rollstuhlfahrer und Kinderwägen von vielen Fahrgästen gern übersehen wird.

Schon beim Aussteigen aus dem U-Bahn Waggon schaffen es manche Menschen nicht, einen Schritt auf die Seite zu gehen, damit man mit dem Kinderwagen gut vorbeikommt. Gerade noch bedanke ich mich erfreut bei dem jungen Burschen, der mir die beiden Türen öffnet, obwohl er nicht aussteigt, da erwartet mich am Bahnsteig eine Traube an sturen Mittelalterlichen, die darauf warten, dass ein anderer aus dem Weg geht, damit sie nur ja niemandem beim Einsteigen den Vortritt lassen müssen.

Bei den beiden Aufzügen vom U1-Bahnsteig am Karlsplatz hält sich die Wartezeit normalerweise in Grenzen. Dafür ist der Gang dorthin dunkel, schmutzig und oft von einem penetranten Uringeruch begleitet. Im Lift selbst ist der Geruch manchmal noch heftiger und die Erleichterung oben angekommen groß! Das Umsteigen zur U4 (STOPPEN) ist nur über den langen Gang vom Ring zum Resselpark möglich. Was für ein Umweg! Dafür ist es hier heller, meist kein Uringeruch und die Klänge der Straßenmusikanten manchmal ganz angenehm. Da bleibe ich auch manchmal gern stehen, krame meine Geldbörse aus den untersten Fächern des Rucksacks und werfe eine Euromünze in den Hut.

Am meisten wird meine mütterliche Coolness am Stephansplatz auf die Probe gestellt. Ich wage zu behaupten, dass mindestens 80 Prozent derjenigen, die hier auf die drei Lifte zwischen den Bahnsteigen U1, U3 Richtung Ottaktring, U3 Richtung Simmering und dem Zwischengeschoß zum Ausgang warten, problemlos die Rolltreppe benutzen könnten. Und sie tun es nicht! Einigen Fahrgästen mag man ihr Handicap nicht ansehen – Höhenangst o.ä. – aber die 40-jährige topgestylte Lady, die in ihr Handy vertieft ist, und als erste mit geradem Schritt einsteigt, obwohl fünf Kinderwägen mit Müttern und Vätern und manchmal sogar dazugehörigen weiteren ein, zwei, drei Kindern bereits Schlange stehen? Gut, Touristen wissen es nicht besser, dass nur 20 Meter weiter die Rolltreppe hochgeht. Und Einkaufswagerl mag man zwar auch auf der Rolltreppe mitnehmen können, aber das lasse ich mir ja noch einreden. Und der Rest? Sture Wiener, die sogar noch genervt die Augen verziehen über weinende Kinder, unsicher trippelnde Senioren mit Gehstock und andere Fahrgäste, die den Symbolen auf den Aufzugstüren mit der Überschrift „Priority for“ zuzuordnen sind.

Ich versuche, mich nicht zu ärgern, da es ohnehin zwecklos ist, es fällt aber schwer, und manchmal kommt mir doch eine Bemerkung aus. Ich kann es gar nicht kontrollieren. Mein Baby im Kinderwagen lacht mich fröhlich an, und ich beruhige mich schnell wieder. Aber an schlechten Tagen gerät mein Blut schon in Wallungen, bevor ich überhaupt aus der U-Bahn ausgestiegen bin. Nun könnten es auch selbsterfüllende Prophezeihungen sein, wenn ich bereits im Vorfeld mit dem Schlimmsten rechne. Aber andere Mütter erzählen ähnliches. Die Lösung? Keine Ahnung. Aber dem Ärger gehört auch einfach einmal Luft gemacht!

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