Die ersten Schritte… als Mutter

Vorsichtig taste ich mich die Treppen im kühlen Stiegenhaus hinunter, die ich vor einer Woche noch mit dickem Bauch hochgekeucht bin.

Der dicke Bauch ist weg. Stattdessen habe ich mein kleines Baby in einem geliehenen Tragetuch. Mit beiden Händen halte ich das Tuch schützend über sein Gesicht. Unsicher trete ich vor die Haustüre in die warme Augustsonne. Neben mir der Kindesvater. Ohne ihn würde ich mich gar nicht aus dem Haus trauen! Meine Füße schlottern – teils da ich nach der Geburt noch nicht sehr viel Kraft habe, teils aus Aufregung. Ich ziehe das Tuch noch etwas mehr über mein Baby, um es abzuschirmen; vor der Sonne, dem Wind, den vielen fremden Menschen. Wie schön wäre es, diese ersten Schritte nicht in der Großstadt sondern am Land zu machen. Doch dies hier ist meine Realität. Ich bleibe stehen. Der Papa lächelt und muntert mich auf. Vorsichtig überqueren wir die Straßenbahnschienen. Ich bin hochkonzentriert, um in den Sandalen nicht über die Schienen zu stolpern. Geschafft! Ich atme tief durch.

Langsam geht es weiter. Wir wählen eine ruhigere Gasse am Weg zum Standesamt. Da unser Baby zu Hause auf die Welt gekommen ist, sind die ärztliche Untersuchungen und Behördengänge selbst zu organisieren. Der Kinderarzt war auf Hausbesuch, somit ist das abgehakt. Die Hebamme kommt für die Wochenbettbesuche in den ersten Tagen auch jeden Tag zu uns. Der Standesbeamte kommt leider nicht nach Hause, um die Geburtsurkunde auszustellen. Daher nun dieser erste Ausgang. Über eine Woche war ich keinen einzigen Schritt draußen. Wir haben es nicht weit, doch mir kommt es vor wie eine Weltreise. Auch körperlich sind die 500 Meter an diesem warmen Augusttag eine Herausforderung, bin ich nach der Geburt doch noch ziemlich geschwächt und muss erst wieder meine Balance ohne den dicken Bauch finden.

Am Standesamt heißt es warten. Nach einer gefühlten Ewigkeit erklärt die Standesbeamtin, dass auf Grund eines Systemfehlers mit meiner Meldeadresse die Meldung des Kindes noch nicht gemacht werden kann. Ich müsse zuerst hinunter zum Meldeamt und dort eine neue Meldebestätigung anfordern. Allein der Gedanken, dort unten Schlange zu stehen und dann wieder hinauf zu kommen, überfordert mich. Wir verschieben es auf den nächsten Tag und machen uns langsam wieder auf den Heimweg. Ich will nur mehr ins Bett mit meinem Baby und mich im versteckten Schlafzimmer wissen. Ich stille noch kurz im Warteraum, dann lege ich das kleine Wunder wieder ins Tuch.

Zu Hause angekommen überkommt mich Erleichterung, aber auch ein bisschen Stolz auf diese ersten Schritte. Ich bin dankbar, mich wieder hinlegen zu können, mein Baby zu streicheln und mich auszuruhen. Angst, da draußen etwas zu versäumen, wie ich sie früher immer hatte, kenne ich in diesem Stadium nicht. Das Wichtigste auf der Welt liegt in meinen Armen und ist viel aufregender und erfüllender als es jede Begegnung oder jedes andere Erlebnis sein könnte!

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